Am 3. November 2021 haben sich über 120 Teilnehmende aus Einkauf, Logistik, Export, Import und Verkauf unter dem Motto „Swiss around the world“ getroffen, um sich auszutauschen. Der hybrid durchgeführte Anlass gab unter anderem Einblick, wie andere Unternehmen mit den aktuellen Herausforderungen umgehen.
Egal, ob es sich IT, Stahl, Kunststoffe oder ganze Autos handelt – die Lieferketten sind aus dem Gleichgewicht geraten. Wichtige Handelshäfen sind geschlossen oder liefern eingeschränkt.
Zugleich steigen die Kosten für Transport, Rohstoffe und Energie fortwährend. Die wachsende Rivalität zwischen den ökonomischen Kraftpaketen der Welt und die vermehrt protektionistisch gefärbten Machtstrukturen im geostrategischen Wettbewerb bestimmen zudem das unternehmerische Handeln – auch in der Schweiz. Die Pandemie hat diesen Entwicklungen zusätzliche Dynamik verliehen.
All das führt zu Engpässen. Und die daraus folgenden Lieferverzögerungen verhindern eine rasche Entspannung der globalen wirtschaftlichen Situation – zumindest in den kommenden sechs bis acht Monaten. So verwundert es nicht, dass jedes fünfte Unternehmen in den vergangenen Monaten Aufträge stornieren musste, wie eine Umfrage von Economiesuisse ergeben hat.
Unternehmen müssen (re)agieren
Für Unternehmen gilt es, agil zu reagieren. Und hier kommt dem Beschaffungsmanagement eine zentrale Rolle zu. Einkaufsprofis – die sich am Anfang der Wertschöpfungskette befinden – können längst nicht mehr darauf zählen, dass zugesagte Mengen und Qualitäten auch zeitgerecht geliefert werden.
Diese Ausgangslage beeinflusst deren Handeln nachhaltig. So sind ein hohes Mass an Flexibilität und eine schnelle Umsetzungsbereitschaft gefordert und angepasste Strategien nötig. Beispielsweise, wenn es darum geht, Lieferanten und Lagerflächen zu «managen» und zeitnah Ersatzprodukte zu evaluieren und zu beschaffen. Nur so ist es möglich, die Versorgungsengpässe nicht weiter zu verschärfen. Gerade, wenn es um die Wertschöpfungskette in der Beschaffung geht, ist es deshalb wichtig zu wissen, welche Hebel einzusetzen sind, um diesen Missständen entgegenzuwirken.
Exklusiver Einblick und Austausch
Die Fachtagung Export/Import mit ihrem diesjährigen Motto «Swiss around the world» gab einen exklusiven Einblick, wie Schweizer Unternehmen diese Herausforderungen angehen, und sie bot Interessierten eine ideale Plattform zum Austausch.
Gleich zum Auftakt stand daher die Zukunft der Supply Chain aus globaler Sicht im Fokus. ICC Switzerland beleuchtete dabei die Trends und Entwicklungen im globalen Warenhandel, gab einen fundierten Überblick über sich verändernde internationale Rahmenbedingungen und zeigte auf, welche unternehmerischen Sorgfaltspflichten für nachhaltige und vermehrt digitale Lieferketten zukünftig gelten werden.
Im Fokus standen auch die Importzölle, bis hin zu sogenannten «Öko-Zöllen»: Während hierzulande Industriezölle mit grosser Wahrscheinlichkeit abgeschafft werden, fasst «Europa» eine tarifnummerabhängige Abgabe zur CO2-Kompensation ins Auge.
Es folgte eine Schaltung nach Bern. Der stellvertretende Sektionsleiter «Freihandel» der Oberzolldirektion erläuterte die Auswirkungen des Brexits und die alternativen Ursprungskriterien. Gleich im Anschluss folgte eine spannende Diskussion mit dem Delegierten des Bundesrats für Handelsverträge.
Dieser räumte mit diversen Mythen zu Freihandelsabkommen auf, die auch zu dem knappen Ergebnis der Abstimmung vom März betreffend dem Abkomnen mit Indonesien führten. Ebenfalls im Fokus waren die Seco-Studie zur Nutzung von Freihandelsabkommen und Themen wie die Modernisierung von Freihandelsabkommen, aber auch die kommende Ministerkonferenz der WTO.
Wie sich Umsatzsteuerreform und Brexit auf die Organisation eines global tätigen Unternehmens mit fast einer halben Million Mitarbeitenden auswirken, illustrierte Paketzusteller UPS. Mit einer Flotte von annährend 600 Flugzeugen und 125 000 Zustellfahrzeugen ist der Konzern in rund 220 Ländern tätig. Kapitale Umbrüche wie der Brexit, der Grossbritannien plötzlich zu einem Drittland machte, hätten die Spielregeln grundlegend geändert, beispielsweise im Bereich der Personalbeschaffung oder auch im Umgang mit Zolldeklarationen.
Gleich im Anschluss nahm Zollschule.ch das hiesige Transformationsprogramm Dazit unter die Lupe und gab einen Einblick in das neu geplante Verzollungssystem Passar und die Zollgesetzrevision.
Best Practice am Nachmittag
Am Business Case von Endress+Hauser wurde aufgezeigt, was es für eine topaktuelle unternehmerische Trade Compliance benötigt. Wie neue Technologien, Blockchain und künstliche Intelligenz im Unternehmen im Bereich Export und Import eingesetzt werden können, beleuchtete AEB Schweiz mit einem Best-Practice-Einblick in die Zukunft von Logistik, Transport und Zoll.
Am Beispiel von Swiss WorldCargo wurde eindrucksvoll dargelegt, wie der Wechsel vom totalen Stillstand zu Beginn der Krise zum grossen Boom in der Luftfracht geführt hat. Natürlich war der aktuell massive Mangel an Chauffeuren in Grossbritannien ebenso Inhalt der Tagung wie die Staus vor weltweit wichtigen Häfen, die zur Stagnation des globalen Handels geführt haben. Mit einer fatalen Explosion der Fragkosten – bis hin zur Verzehnfachung.
Natürlich war der aktuell massive Mangel an Chauffeuren in Grossbritannien ebenso Teil der Ausführungen wie das Beispiel der grossen Handelshäfen in Kalifornien. So zählte Marine Traffic, eine Website zur Schiffsverfolgung, am 13. Oktober mehr als fünfzig Containerschiffe, die vor Long Beach und Los Angeles festsassen. All dies führt zu stornierten Aufträgen, happigen Preiserhöhungen und vermehrt zu Kurzarbeit – auch hierzulande.
Begeisterte Teilnehmende
Für die rund 120 teilnehmenden Fach- und Führungsverantwortlichen war die Tagung bereichernd und bot einen hohen Know-how-Transfer. Dazu einige Stimmen von Teilnehmenden: «Danke für die lebhafte und kurzweilige Moderation und die gute Auswahl an Themen. Das Update an Informationen und Neuerungen war sehr hilfreich. Ich werde an der nächsten Tagung sicher wieder mit dabei sein.» – «Die zahlreichen Themen rund um die Logistik- und Zollwelt, allen voran die Thematik der Trade Compliance, waren äusserst interessant – weiter so.» – «Ein toller Mix bei Referenten und Teilnehmenden.» – «Es war meine erste Tagung und ich fühlte mich sehr gut abgeholt.»
Save the date: Die nächste Fachtagung Export Import findet am 27. Oktober 2022 statt.
Quelle: PROCURE SUISSE MAGAZIN / Autorin Claudia Feusi
Die Autorin ist die Moderatorin und fachliche Leiterin der jährlichen Fachtagung Export/Import, Aussenhandelsexpertin sowie Geschäftsführerin von ZFEB Customs & Trade Consultants.